Wer kennt das nicht? Beim Golfspiel können die Emotionen auch mal hochkochen, vor allem, wenn gerade nichts so läuft, wie man möchte. Schnell stehen Frustration und Anspannung auf dem Plan. Da kann die Äußerung eines Flightpartners der Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt – oder man ist selbst die Person, die mit einer unbedachten Bemerkung einen Konflikt auslöst. Mit unseren Kommunikationstipps bleibt im Flight alles im Lot.
Im zwischenmenschlichen Austausch können unbeabsichtigt Konflikte entstehen, gerade wenn Emotionen mit im Spiel sind. Meistens sind Missverständnisse der Grund, dass eine Aussage „falsch“ ankommt. Doch wie passiert das eigentlich? Der deutsche Kommunikationspsychologe Friedemann Schulz von Thun hat dies in seinem 4-Seiten-Modell erläutert: Eine Äußerung hat laut Thun nämlich nie nur eine, sondern vier inhaltliche Ebenen – und genau damit beginnen die Probleme.
Denn welche Ebene einer Aussage unser Gegenüber „heraushört“, können wir nicht beeinflussen. Dies ist abhängig von dessen Wahrnehmung und Interpretation des Gesagten. Umso wichtiger ist es, die eigenen Worte mit Bedacht zu wählen.
Laut von Thuns 4-Seiten-Modell hat eine Äußerung die folgenden vier Bedeutungsebenen:
- die Sachebene – der neutrale Inhalt
- die Appellebene – eine Aufforderung an das Gegenüber
- die Beziehungsebene – eine Auskunft über die Sprecher-Hörer-Beziehung
- die Selbstkundgabe – was der/die Sprecher/in über sich preisgibt
Je nachdem, mit „welchem Ohr“ unser Gegenüber also gerade zuhört, können unterschiedliche Botschaften ankommen. So kann zum Beispiel eine Äußerung wie „Das war wohl nichts!“ – auch wenn sie mitfühlend gemeint war – negativ verstanden werden, etwa wenn unser Gegenüber raushört:
- „Streng dich mehr an.“ (auf der Appellebene) oder
- „Ich kann mir diese Bemerkung erlauben, denn ich spiele besser als du.“ (Beziehungsebene)
Tipp 1: Achtsam kommunizieren
Um Missverständnisse auf dem Golfplatz zu vermeiden, ist daher eine achtsame Kommunikation empfehlenswert. Dazu gehören vor allem Einfühlungsvermögen und Empathie. Beobachten Sie genau: In welcher Situation ist mein Mitspieler gerade (ein wiederholter Misserfolg) und wie ist seine Verfassung (wirkt er/sie gereizt, aufgebracht)? Diese Beobachtungen können Ihnen helfen, angemessene Worte zu finden, denn sie zeigen, für welche „Seite“ einer Äußerung unser Mitspieler gerade vielleicht eher „kein Ohr“ hat (etwa für flapsige Bemerkungen).
TOP-TIPP: Zu einer achtsamen Kommunikation kann es außerdem auch mal gehören, wenig oder gar nichts zu sagen! Im Fall eines missratenen Schlags des Mitspielers können so ein ermunterndes Lächeln oder ein schlichtes „Das kenne ich auch!“ die bessere Wahl sein. Möchte ein Mitspieler einmal „Dampf ablassen“ über seinen Schlag, steigen sie am besten nicht in die Wuttirade mit ein. So vermeiden Sie eine emotionale Talfahrt.
Tipp 2: Keine Ratschläge
Auf dem Golfplatz ist man als Spieler auch mal emotional angespannt, vor allem wenn der persönliche Erwartungsdruck hoch ist. Die vielen Stunden auf der Range, das Üben mit dem Pro oder das hochwertige Equipment sollen schließlich zum Erfolg führen, denken viele. Je höher diese Erwartungen sind, desto größer kann aber die Enttäuschung sein.
Als Flightpartner sollte man verstehen, dass auf dem Platz deshalb nicht der geeignete Moment ist, um technische Ratschläge, Tipps oder Regelerklärungen zum Besten zu geben – außer man wird darum gebeten! Aber in den seltensten Fällen ist die Runde der Zeitpunkt, an dem technische Hinweise aufgenommen und direkt umgesetzt werden können. Zumal es viele Golfspieler generell nicht schätzen, belehrt zu werden (oder dies nur ihrem Pro vorbehalten).
Es gilt also: Beraten Sie Mitspieler nicht ungefragt (das könnte als Kritik missverstanden werden). Sollten Sie um Hilfe oder Rat gebeten werden, kommunizieren Sie achtsam, um nicht besserwisserisch oder herabsetzend zu wirken. Schnell ist sonst die Stimmung gekippt.
Tipp 3: Nicht unter Druck setzen
Auf dem Golfplatz sollte der Spaß am Spiel immer im Vordergrund stehen! Konflikte können vermieden werden, wenn das alle im Hinterkopf behalten. Ein Schlag ist missraten? Es steht schon der nächste Flight am Abschlag, während man noch auf dem Grün ist? Oder ein Mitspieler möchte noch seinen Ball aus dem Gewässer angeln? Das alles sind absolut normale und nachvollziehbare Momente und keine Gründe, Druck aufzubauen – weder Leistungsdruck noch Zeitdruck.
Fühlt man sich unter Druck gesetzt, können nämlich Stress, Anspannung und Unruhe im Flight entstehen und Konflikte vorprogrammiert sein. Auch wenn die Golfetikette das zügige Spiel vorsieht, sollte sich niemand unangemessen „gehetzt“ fühlen. Schließlich ist der Golfsport für viele ein Hobby, das auch der mentalen Erholung dienen soll. Es hilft also, sich zu entspannen, die Performance des Tages zu nehmen, wie sie ist, und keinen Druck auf Mitspieler auszuüben.
Tipp 4: Vorsichtiger Umgang mit Witzen
Viele kennen das – in der zwischenmenschlichen Kommunikation kann Humor eine Stolperfalle sein! Ohne Absicht hat man eine witzig gemeinte Bemerkung gemacht, die beim Gegenüber nicht ankommt und ihn verletzt oder beleidigt. Auch auf dem Golfplatz ist das schnell passiert. Natürlich ist der Spaß am Spiel wichtig, doch ob und welche Witze Sie zum Besten geben können, hängt stark davon ab, wie gut Sie Ihre Mitspieler kennen,ob Sie denselben Humor teilen und natürlich, in welcher Stimmung die anderen gerade sind.
Bei Witzen und Humor sind also erneut Empathie, Einfühlungsvermögen und ein Gespür für die Situation nötig. Sehen wir, dass unser Mitspieler über den dritten missratenen Bunkerschlag herzlich lachen kann, dürfen wir natürlich einstimmen – aber vorher einen Witz darüber zu machen, empfiehlt sich nicht. Anders sieht es natürlich mit Selbstironie aus. Gerade wenn Sie über die eigenen Fehler lachen und einen Witz machen können, kann dies für eine gelöste Stimmung im Flight sorgen und zeigen: Ich bin auf jeden Fall für den Spaß hier!
Tipp 5: Ermutigen und das Positive hervorheben
Nach all den Dingen, die man nicht tun oder vorsichtig handhaben sollte, gibt es natürlich auch einen Kommunikationstipp, bei dem man auf dem Golfplatz aus dem Vollen schöpfen kann – und zwar mit Ermutigungen und einem Bestärken des Positiven! Der Mitspieler hat eben einen großartigen Abschlag gemacht oder die Mitspielerin einen Ball über ein Wasserhindernis schön auf dem Grün platziert? Loben Sie solche Erfolgsmomente und teilen Sie die Freude der Mitspieler!
Schließlich sind genau das die Momente, für die jeder Golfspieler und jede Golfspielerin viel übt und auch Mühen in Kauf nimmt. Nehmen Sie Erfolge wahr und feiern Sie sie, sowohl die der anderen als auch die eigenen. Zu oft pflegen wir eine zu kritische Haltung und lassen Positives einfach verstreichen – schärfen Sie auf dem Golfplatz Ihren Blick für das Positive, so bekommt die Stimmung im Flight und das gemeinsame Spielerlebnis eine positivere Note!
Was tun, wenn der Haussegen schief hängt?
Und wenn es dann doch passiert und plötzlich ein Streit im Flight ausbricht? Ganz verhindern lassen sich Konflikte auf dem Golfplatz wohl nicht. Vielleicht ist man auch gar nicht selbst der „Auslöser“, sondern plötzlich mit einem Mitspieler konfrontiert, der sich negativ äußert oder verbal attackiert. Wie sollte man sich in solchen Situationen verhalten?
Grundlegenden Verhaltenstipps bei Konflikten:
Ruhig und respektvoll bleiben
Emotionen kochen im Streit schnell hoch, sind aber keine guten Berater für dessen Lösung. Daher gilt zuallererst: Ruhig bleiben und einen angemessenen Ton wahren, auch wenn das Gegenüber laut wird. Konflikte werden nur angeheizt, wenn man sich respektlos behandelt fühlt. Wichtig ist dabei auch: Zuhören und den anderen ausreden lassen!
Kein Herabsetzen
Unser Gegenüber hat sich vielleicht aus unserer Sicht unangemessen geäußert, doch es wird einen Grund oder Auslöser dafür gegeben haben. Geben Sie Ihrem Gegenüber den Raum, sich zu artikulieren, tun Sie sein/ihr Empfinden nicht ab oder spielen es herunter. Erkennen Sie die Gefühle des Gegenübers an.
Kein Verallgemeinern oder Schlussfolgern
Manchmal glauben wir, das Verhalten unseres Gegenübers zu verstehen, doch seien Sie vorsichtig mit Interpretationen. Verallgemeinernde Aussagen wie „Du machst das immer“ oder „Das sagst du nur, weil …“ können den Konflikt durch weitere Missverständnisse noch mehr eskalieren lassen.
Keine Drohgebärden oder Beschimpfungen
Es versteht sich eigentlich von selbst, kann aber im verbalen Gefecht vergessen werden: Ein No-Go sind Beleidigungen oder Drohgebärden, etwa damit zu drohen, den anderen „im Club zu melden“. Solche extremen Äußerungen tun nichts, um den Konflikt zu lösen – geben Sie Empathie und Geduld den Vorzug.
Bei Ich-Formulierungen bleiben
Es hilft, in einer Konfliktsituation bei der Mitteilung der eigenen Wahrnehmung und Empfindungen zu bleiben. Formulieren Sie beschreibende Ich-Sätze, etwa „Ich habe das Gefühl, dass …“ Meiden Sie dagegen Du-Sätze wie, „Du hast mir jetzt nicht zugehört.“ Schnell wirken solche Aussagen wie persönliche Angriffe und heizen den Konflikt weiter an.
Konflikte lösen: Die vier Schritte der gewaltfreien Kommunikation nach Rosenberg
Doch wie kann eine gute Konfliktkommunikation nun ganz konkret aussehen? Eine kleine „Step-by-Step“-Anleitung und ein hilfreicher Leitfaden sind die vier Schritte der gewaltfreien Kommunikation nach dem US-amerikanischen Psychologen Marshall B. Rosenberg.
Er hat vier Schritte definiert, die dabei helfen können, in einem Konflikt gewaltfrei und respektvoll zu kommunizieren und dabei auch die eigenen Bedürfnisse und Wünsche zu formulieren:
- Die eigene Beobachtung schildern: Hier kommen wieder die Ich-Aussagen ins Spiel: Zuerst sollte möglichst neutral die eigene Wahrnehmung geschildert werden – es gilt, erst mal beobachten und noch nicht deuten.
- Die eigenen Gefühle mitteilen: Es sollten dann in ruhigem Ton die eigenen Gefühle mitgeteilt werden – ohne zu beschuldigen und anzuklagen.
- Bedürfnisse formulieren: Nach der „Bestandsaufnahme“ sollten die eigenen Bedürfnisse ausgedrückt werden, um sich einer Lösung des Konflikts anzunähern.
- Eine Bitte äußern: Im letzten Schritt wird es konkret: Damit der Konflikt gelöst werden kann, sollte eine Bitte geäußert werden – keine Forderung.
Spielen wir diese Schritte mit einem Szenario auf dem Golfplatz durch: Nehmen wir zum Beispiel an, dass ein Flightpartner auf der Runde konstant unsere Schläge in einem kritischen Ton kommentiert. Anstatt ihm nun Vorwürfe zu machen oder sich solche Äußerungen direkt zu verbitten (was eventuell aggressiv wirkt), kann eine gewaltfreie Kommunikation nach Rosenberg etwa so aussehen:
- Ich nehme wahr, dass du bisher jeden meiner Schläge kommentiert hast. (Beobachtung)
- Ich fühle mich dadurch unter Druck gesetzt und kritisiert. Das mindert meine Spielfreude. (Gefühl)
- Ich würde gerne ohne Kommentare oder kritische Beurteilungen gemeinsam weiterspielen. (Bedürfnis)
- Ich möchte dich deshalb gerne bitten, meine Schläge nicht weiter zu kommentieren. (Bitte)
Dies ist nur ein Beispiel, wie die gewaltfreie Kommunikation nach Rosenberg angewendet werden könnte. Sicher ist sie aber für viele Situationen auf dem Golfplatz ein guter Leitfaden, um Konflikte konstruktiv und respektvoll zu lösen – ob vor, während oder nach der Runde. Damit das Golfspiel das bleibt, was es für alle sein sollte: ein angenehmer und freudvoller gemeinsamer Zeitvertreib.
Autorin: Sabine Biskup, Freie Redakteurin
www.sabinebiskup.com