Prof. Dr. med. Hans Michael Ockenfels im Interview über den richtigen Schutz beim Sport im Freien und die Gefahren des Hautkrebses.
Die Sommer werden immer heißer. Temperaturen jenseits der 30º über Wochen hinweg sind vielfach an der Tagesordnung und eine besondere Herausforderung für unsere Haut. Wie können wir uns richtig schützen & wieviel Sonne verträgt unsere Haut?
Zur Person: Prof. Dr. med. Hans Michael Ockenfels gilt als einer der bekanntesten Dermatologen des Landes. Der mehrfach ausgezeichnete Mediziner leitet die Haut- und Allergiepraxis und die dermatologische Klinik am Klinikum Hanau und lehrt an der Universität Heidelberg. Ockenfels ist zudem Kurator bei der Sporthilfe Hessen und wurde 2016 zum beratenden Arzt des Weltverbandes für modernen Fünfkampf im IOC berufen. Zudem ist er Sonderreferent des Berufsverbandes Deutscher Dermatologen für das Belegarztwesen.
Herr Prof. Dr. Ockenfels, der Sommer hat begonnen und mit den steigenden Temperaturen steigt immer auch die Angst vor gesundheitlichen Folgen der Sonneneinstrahlung. Das gilt nicht nur für Menschen, die im Freien arbeiten, sondern insbesondere auch für Sportler wie etwa Golfer. Was raten Sie?
Niemand muss Angst vor der Sonne haben. Sie ist für uns alle überlebenswichtig. Man muss sich einfach vernünftig schützen, das Bad in der Sonne nicht aus falsch verstandenen Schönheitsidealen übertreiben.
Was bedeutet in diesem Kontext sich „vernünftig zu schützen“?
Das fängt mit der richtigen Kleidung an. Luftig, aber weitgehend abdeckend sollte sie sein. Golfer wissen das in der Regel sehr gut. Sich ohne eine Kopfbedeckung stundenlang der Sonne auszusetzen kann gefährlich werden. Und die Hautbereiche, die unbedeckt bleiben müssen, sollten durch den Einsatz von Cremes und Sonnenmilch geschützt werden.
Beim Thema Sonnenmilch stellt sich uns die Frage, cremen wir uns eigentlich ausreichend ein?
Nicht nur ausreichend, sondern oftmals übertrieben. Dafür sorgt auch eine überbordende Werbung, die immer wieder neue Mittel kreiert und den Eindruck vermittelt, viel hilft viel. Das ist aber Quatsch.
Bei uns Mitteleuropäern reicht ein Sonnenschutz mit Faktor 30 vollkommen aus. Und zwar für viele Stunden. Es muss nicht alle paar Minuten nachgecremt werden. Das erhöht nämlich den Schutz in keiner Weise. Bei unseren Sonnenverhältnissen reicht ein einmal aufgetragener Schutz je nach Hauttyp locker sieben bis acht Stunden. Geht man zwischendurch schwimmen oder hält sich in einem Urlaubsland mit besonders intensiver Sonneneinstrahlung auf, muss man natürlich entsprechend anpassen.
Der UV-Index, also die Sonnenintensität, ist je nach Aufenthaltsort unterschiedlich. In Deutschland liegt er in der Spitze bei 7, in Spanien zum Beispiel bei 10 und auf den Malediven bei 15 – dort sollte dann auch ein Sonnenschutzfaktor von 50 einsetzt werden.
Was sollte man gerade beim Sport im Freien besonders beachten?
Natürlich sollte man sich nicht überanstrengen und auch die Zeit vernünftig wählen. Wer als eher ungeübter Freizeitsportler meint, er müsse in der prallen Mittagssonne einen Marathonlauf absolvieren, der wird die Folgen massiv zu spüren bekommen. Denn auch die Tageszeit ist entscheidend, die Sonnenbelastung ist mittags erheblich höher als am Morgen. Die Golfrunde muss also nicht unbedingt in der Mittagszeit stattfinden, die Zeit zwischen 13 Uhr und 16 Uhr sollte man eigentlich generell für den Sport im Freien meiden, wenn es möglich ist.
Die Südländer wissen schon, weshalb sie eine mehrstündige Ruhepause über den Mittag einlegen und ihre Aktivitäten lieber auf den Morgen oder den Abend konzentrieren. Solche Pausen sollten desgleichen im Sport eingelegt werden, denn auch die Haut braucht ihre Siesta.
Und was ist mit dem Aufenthalt im Schatten?
Da passiert nichts, weil die Sonne hier nicht durchkommt. Das man auch im Schatten braun wird, ist schlichtweg eine Mär.
Ist der Wunsch nach einer braunen Haut generell falsch?
Nein. Wenn man nicht mit Gewalt versucht, die Haut zu tönen, sondern langsam über eine längere Zeit braun wird, ist das kein Problem. Im Gegenteil. Man baut ja dadurch einen Schutz auf. Wer sich aber am ersten Urlaubstag käseweiß stundenlang in die pralle Sonne legt, dem ist nicht mehr zu helfen.
Jetzt sind wir für den nächsten Aufenthalt im Freien schon ein wenig besser vorbereitet. Kann man denn auch „nachbereiten“? D.h., hilft nach dem Aufenthalt in der Sonne eine sogenannte „After Sun Creme“?
Ja, die hilft. Allerdings nur der Firma, die sie verkauft.
Vernachlässigt man den Sonnenschutz oder übertreibt das Sonnenbaden, droht nicht nur der klassische Sonnenbrand, sondern auch gefährliche gesundheitliche Schäden, Stichwort Hautkrebs. Wie ist hier die Lage?
Ein Sonnenbrand ist noch das harmloseste. Er ist deutlich sichtbar und er schmerzt, lässt aber mit der Zeit nach. Dennoch schädigt jeder Sonnenbrand die DNA der Haut und sollte unbedingt vermieden werden.
Beim Hautkrebs kommen wir allerdings in einen viel bedenklicheren Bereich. Bekanntlich unterscheidet man zwischen dem sogenannten „weißen“ und dem „schwarzen“ Hautkrebs. Entsprechend unterschiedlich sind auch die Folgen dieser Schädigung.
Irrtümlicherweise wird der weiße Hautkrebs, zu dem das Plattenepithelkarzinom und das Basalzellkarzinom gezählt werden, oft als weniger problematisch betrachtet. Aber das ist falsch. Er wird dann gefährlich, wenn man ihn nicht beachtet und wachsen lässt. Dabei lässt sich diese Form des Hautkrebses relativ leicht erkennen, zum Beispiel, weil sich Plaque oder Knoten bilden, die betroffenen Stellen schuppig und leicht rötlich werden und schmerzen. Ein erfahrener Dermatologe sieht das eigentlich sofort, für die genauere Analyse braucht es dann aber technische Hilfsmittel. Wir setzen dazu, als eine der wenigen Kliniken im Land, ein hochmodernes Lasermikroskop ein, das eine unblutige Diagnostik ermöglicht. Die Heilungschancen beim weißen Hautkrebs sind mittlerweile sehr gut. Wenn er aber missachtet und nicht behandelt wird, kann er sich je nach Art ausbreiten und in die Lymphbahnen streuen oder aber lokal zerstörerisch wirken, indem er zum Beispiel den Nasenknorpel oder die Augenhöhlen angreift.
Und wie sieht es beim „schwarzen Hautkrebs“ aus?
Beim gefährlichen schwarzen Hautkrebs, dem Melanom, ist die betroffene Stelle zwar als dunkler Fleck erkennbar, aber in der Regel nicht schmerzhaft. Hier ist eine belastbare Diagnose nur mit der Expertise des Dermatologen und technischen Hilfsmitteln erreichbar. Schwarzer Hautkrebs kann durch eine Operation entfernt werden und bietet fast 100 % ige Heilungschancen, wenn er möglichst in einem frühen Stadium entdeckt und behandelt wird. Je länger man jedoch wartet, desto gefährlicher wird er und kann schließlich sogar zum Tod führen. Daher empfehlen wir eine regelmäßige Vorsorge.
Wie ist die Entwicklung der beiden Krebsarten?
Bei allem medizinischen Fortschritt geben die Zahlen insgesamt Anlass zur Sorge. Die wenigsten wissen zum Beispiel, dass Hautkrebs mittlerweile die am häufigsten vorkommende Krebsart in Deutschland ist mit über 200.000 Neuerkrankungen im Jahr. Mittlerweile ist Hautkrebs ja auch als Berufskrankheit bei Personen anerkannt, die zwangsläufig intensiver Sonnenstrahlung ausgesetzt sind. Wir unterscheiden sechs Hauttypen, wobei vor allem der Typ 1, der sogenannte „Keltische Typ“, mit ausgesprochen heller Haut besonders gefährdet ist. Ein Nordafrikaner würde zum Beispiel zum Hauttyp vier zählen, ein Zentralafrikaner zum Typ fünf oder sogar sechs, wobei hier dank der natürlichen Hautfarbe praktisch keine Gefahr besteht, an Hautkrebs zu erkranken. Bei uns Mitteleuropäern wiederum steigt das Risiko mit zunehmendem Alter und der Summe der Sonnenexpositionen über die Zeit. Generell gilt: Sich vernünftig schützen, Hautveränderungen beobachten und auf jeden Fall einen Facharzt aufsuchen. Nur der hat die Expertise und die Mittel, um gefährliche Entwicklungen zu erkennen und frühzeitig einzugreifen.
Haben Sie noch einen Tipp zum Abschluss für uns, wie wir uns auf den Sport oder den Urlaub in der Sonne am besten vorbereiten? Zum Beispiel durch einen Besuch im Solarium?
Nein, auf keinen Fall. Solarien sind einfach nur schädlich für die Haut und bringen gar nichts. Schlecht sind auch unregelmäßige Wechsel der Intensität. Also zum Beispiel der abrupte Wechsel zwischen grauem Novemberhimmel und strahlender Südseesonne. Man sollte sich nicht am ersten Tag die volle Höchstdosis geben, sondern sich hier Schritt für Schritt an die Sonne gewöhnen. Damit gibt man der Haut die Chance, kumulativ einen natürlichen Schutz aufzubauen. Das Ziel sollte nicht sein, nach der Reise den Kollegen tiefste Bräune zu präsentieren, sondern einen entspannten und vor allem gesunden Urlaub zu erleben. Und das gilt für den Sport im Freien genauso.
Vielen Dank Herr Prof. Dr. Ockenfels, dass sie sich die Zeit genommen haben, um uns diesen informativen Einblick in das Thema Sonnenschutz zu gewähren. Wir nehmen mit, es lohnt sich der Haut mittags eine Siesta zu gönnen und die sportliche Aktivität im Freien eher auf die Morgen- und Abendstunden zu konzentrieren, die unbedeckten Hautstellen zwar gründlich, jedoch nicht übermäßig oft einzucremen, bei der Wahl des Lichtschutzfaktors den Aufenthaltsort sowie den eigenen Hauttyp zu berücksichtigen und unsere Haut langsam an die Sonne heranzuführen – d.h., die Zeit in der Sonne nach & nach zu steigern.